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ETHENEA-Kommentar vor EZB-Zinsentscheidung: Einlagenzins dürfte im Juli auf 4,5% steigen

Volker Schmidt richtet den Blick über den nächsten Zinsentscheid am 16. März 2023 hinaus und analysiert die voraussichtliche Inflationsentwicklung.

„Dass sie auch im März ihre Leitzinsen um 50 Basispunkte anheben wird, hat die Europäische Zentralbank (EZB) klar kommuniziert. Wie aber wird es danach auf den Sitzungen im Mai, Juni und Juli weitergehen? Der als Befürworter harter restriktiver Maßnahmen bekannte Vertreter Österreichs im EZB-Direktorium Holzmann hat kürzlich die Auffassung vertreten, auch bei diesen Gelegenheiten mit weiteren Zinsschritten von 50 Basispunkten fortzufahren.

Erst ab einem Einlagenzins von 4 Prozent würde die EZB-Politik restriktiv auf die Inflation wirken. Und die Inflationsentwicklung im Februar war besorgniserregend mit einem Jahresanstieg um 8,5 Prozent. Mit der Zinsentscheidung am 16. März 2023 veröffentlicht die EZB auch ihre neue Inflationsprognose. Klar ist: Die ausgewiesene Inflation wird im März 2023 deutlich sinken, schließlich waren vor einem Jahr, im März 2022, die Benzin- und Dieselpreise auf mehr als 2 Euro pro Liter gestiegen und liegen aktuell deutlich darunter. Nach Berechnungen des ETHENEA-Portfoliomanagements sind 6 Prozent Inflation im März 2023 möglich.

Werfen wir einen Blick voraus, auf die erwartbare Inflationsentwicklung in den kommenden Monaten, zeigt sich: Im September und Oktober 2023 ist eine geringere Inflationsrate von circa 4 Prozent wahrscheinlich. Denn im August 2022 sind die Gaspreise an den Großhandelsmärkten explodiert und wurden anschließend an die Kunden weitergegeben. Nach Oktober erwarten wir eine weitere Beschleunigung in Richtung 5 Prozent. Auf dieser Grundlage müsste die EZB die Einlagenzinsen tatsächlich bis auf 4,5 Prozent im Juli anheben, um rechtzeitig vorzubeugen.

Zudem gibt es zahlreiche zusätzliche Gründe, warum die EZB vorsichtig sein sollte: Die Inflation in der Eurozone hängt immer auch von globalen Entwicklungen ab. Wenn China und Japan ihr Wachstum weiter ausbauen wollen, erschwert das der EZB das Eindämmen der Inflation. Zudem werden die Staaten der Eurozone ihre Ausgaben 2023 kaum reduzieren, erst 2024 will die EU ihre Mitgliedsstaaten zu Ausgabenkürzungen zwingen. Auch die Konsumenten haben viel Geld in der Tasche, verfügen über Ersparnisse aus der Corona-Zeit und müssen kaum um ihre Arbeitsplätze fürchten. Auch das bedeutet Gegenwind für einen schnellen Inflationsrückgang. Ein Einlagenzins von 4,5 Prozent ist eine gute Ausgangsbasis für die EZB, um im Herbst die weitere Entwicklung zu analysieren und gegebenenfalls die Zinspolitik anzupassen.“