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Makroökonomische Hausmeinung – Oktober 2023

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Steigende Inflationserwartungen und geopolitische Spannungen belasten das globale Wachstum.
  • US-Wirtschaft zeigt sich robust, während die Eurozone enttäuschende Wirtschaftsdaten verzeichnet.
  • Die westlichen Zentralbanken sind mit hoher Wahrscheinlichkeit am Ende des Zinserhöhungszyklus.
  • Chinesisches Wachstum ist vor dem Hintergrund der Immobilienkrise weiter schwach, aber geld- und fiskalpolitische Anreize beginnen zu wirken.

Globaler Ausblick

Die globale Wirtschaftstätigkeit ist aufgrund der straffen Geldpolitik und der anhaltend hohen Inflation weiterhin rückläufig. Geopolitische Spannungen und Handelsbeschränkungen beinträchtigen den internationalen Handel. Der IWF hat seine globale Wachstumsprognose für 2023 unverändert bei 3 Prozent belassen und für das kommende Jahr leicht auf 2,9 Prozent nach unten korrigiert. Während die Schätzung für die USA leicht angehoben wurde, wurde sie für Europa und China nach unten korrigiert. Entsprechende Frühindikatoren bestätigen dieses Bild. Trotz leicht gestiegener Arbeitslosenquoten bleiben die Arbeitsmärkte im historischen Vergleich angespannt. Die Gesamtinflation ist zwar tendenziell rückläufig, wird aber angesichts nachlassender positiver Basiseffekte, robuster Arbeitsmärkte, steigender Reallöhne und anhaltender fiskalischer Unterstützung noch einige Zeit benötigen, um auf die Zielmarke der Zentralbanken zu fallen. Dementsprechend verharren die Leitzinsen in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften auf oder sehr nahe ihren Höchstständen. Da sich jedoch die Anzeichen mehren, dass der neutrale Zins - also jener, bei dem die Geldpolitik weder expansiv noch kontraktiv ist - wahrscheinlich höher sein wird als noch vor der Pandemie, wird die Geldpolitik für einen längeren Zeitraum restriktiv bleiben müssen.

Die Crux ist jedoch, dass über dieses Niveau nur Schätzungen vorliegen und eine valide Aussage darüber erst im Nachhinein möglich ist. Zinssenkungen sind daher derzeit noch nicht absehbar. Sollte die restriktive Geldpolitik doch noch eine Rezession hervorrufen, könnte es sehr schnell zu Zinssenkungen kommen. Dies ist aber derzeit nicht unser Basisszenario.

USA

Die US-Wirtschaft zeigt sich weiterhin überraschend robust. Im dritten Quartal wuchs die Wirtschaft mit annualisiert 4,9 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die Frühindikatoren haben sich im Oktober sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor leicht verbessert und deuten auf eine moderate Expansion in den kommenden Monaten hin. Der Arbeitsmarkt entspannt sich allmählich und bringt Angebot und Nachfrage besser ins Gleichgewicht. Er bleibt eine Stütze für die robusten Verbraucherausgaben, was durch steigende Einzelhandelsumsätze bestätigt wird. Angesichts der starken fiskalischen Unterstützung, der gesunden Einkommensentwicklung und des soliden Arbeitsmarktes gibt es keine Anzeichen für eine Rezession. Die US-Wirtschaft sieht sich jedoch auch mit mehreren Gegenwinden konfrontiert, die die nächsten Quartale belasten könnten: restriktive Finanzierungsbedingungen, hohe Lohnabschlüsse in der Automobilbranche, der Anstieg des Ölpreises, ein möglicher Regierungsstillstand im November und ein rasch wachsendes Haushaltsdefizit (Anstieg um 23 Prozent auf 1,7 Billionen US-Dollar im Jahresvergleich), um nur einige zu nennen.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass das Verbrauchervertrauen im Oktober zum dritten Monat in Folge gesunken ist. Die erneute Straffung der finanziellen Bedingungen im Oktober hilft der US-Notenbank im Kampf gegen die Inflation. Gleichzeitig haben die Risiken einer Überstraffung zugenommen und müssen nun gegen die Notwendigkeit weiterer Zinsschritte zur Inflationsbekämpfung abgewogen werden. Vor dem Hintergrund steigender Inflationserwartungen muss die Fed hier sehr umsichtig vorgehen. Wir gehen bis auf weiteres von einer Pause in der Zinspolitik aus.

Eurozone

Die Wirtschaftsdaten für die Eurozone sind weiterhin enttäuschend und liegen deutlich unter den Schätzungen. Der Privatsektor zeichnet ein schwaches Bild und deutet darauf hin, dass sich die Wirtschaft in einer Rezession befinden könnte. Das Geschäftsklima hat sich verschlechtert und die Einkaufsmanagerindizes sind im Oktober auf ein Dreijahrestief gefallen. Sowohl die Indikatoren für das verarbeitende Gewerbe als auch für den Dienstleistungssektor sinken weiter in den kontraktiven Bereich. Die Kreditvergabestandards wurden im dritten Quartal erneut verschärft. Der Arbeitsmarkt ist solide, schwächt sich aber ab, da weniger neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Verbrauchervertrauen hat sich auf einem sehr niedrigen Niveau stabilisiert und der Konsum der privaten Haushalte ist rückläufig, wodurch sich der Rückgang der Einzelhandelsumsätze beschleunigt. Die schwache Auslandsnachfrage und die geopolitischen Spannungen beeinträchtigen die Industrieproduktion und bleiben ein Problem für exportorientierte Volkswirtschaften wie Deutschland und Italien. Der Preisdruck hat im Oktober aufgrund von Basiseffekten deutlich nachgelassen, aber die Kerninflation ist mit 4,2 Prozent immer noch zu hoch, und die Gesamtinflation könnte nach dem Anstieg der Energiepreise wieder anziehen.

Angesichts des rapiden Wachstumsverlangsamung und der hartnäckigen Inflation steht die EZB weiterhin vor dem Dilemma, ob sie die Inflation aggressiv bekämpfen und damit eine starke wirtschaftliche Abschwächung riskieren oder zu lange warten und das Risiko einer schädlichen Stagflation eingehen soll. Ähnlich wie bei der Fed gehen wir davon aus, dass die EZB vorerst eine abwartende Haltung einnehmen wird.

China

Das chinesische Wirtschaftswachstum ist nach wie vor schwach, zeigte aber im dritten Quartal Anzeichen einer Verbesserung. Um die Wirtschaft und den weiterhin schwächelnden Immobiliensektor zu stützen, hat der Nationale Volkskongress beschlossen, das angestrebte Haushaltsdefizit von 3 Prozent auf 3,8 Prozent des BIPs anzuheben. Die Regionalregierungen sind aufgefordert, die Ausgabe von Zweckanleihen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten zügig abzuschließen. Auch die PBoC stellt weiterhin reichlich Liquidität zur Verfügung und hat die Banken aufgefordert, Kredite an Bauträger zu vergeben. Mit einer Beschleunigung des BIP-Wachstums im dritten Quartal (+1,3 Prozent im Quartalsvergleich) zeigen die gezielten geld- und fiskalpolitischen Anreize erste Wirkung. Die konsumgetriebene Erholung scheint sich mit einer Verbesserung der Einzelhandelsumsätze und der Industrieproduktion im September auszuweiten. Die Investitionen leiden jedoch nach wie vor unter der starken Belastung durch den Immobiliensektor. Auch die Frühindikatoren für die künftige Wirtschaftstätigkeit sind in den expansiven Bereich zurückgekehrt. Die schwache Auslandsnachfrage und die Handelsspannungen mit den USA und Europa werden das chinesische Wachstum allerdings auf absehbare Zeit belasten. Die Gefahr einer Deflation bleibt real, da die Gesamtinflation im September unverändert bei 0 Prozent gegenüber dem Vorjahr lag und der Erzeugerpreisindex weiter fällt (-2,5 Prozent im Jahresvergleich).